Libertas Schulze Boysen

„Erzähl allen, allen von mir. Unser Tod muss ein Fanal sein“.

Diese Worte schrieb Libertas Schulze Boysen, der die Straße, an der wir gerade stehen, gewidmet ist, in ihrem letzten Brief an ihre Mutter. Der Familie wurde jedoch unter Androhung der Todesstrafe verboten, über die Haft und die Todesumstände von Libertas zu berichten. Inzwischen ist jedoch einiges über ihr Leben und ihr Handeln bekannt geworden, in einer Biografie von Silke Kettelhake, in den Verzeichnissen zur Roten Kapelle oder beispielsweise in Begleitheften der Gedenkstätte des Deutschen Widerstands.

Libertas Schulze Boysen, geborene Haas-Heye wurde 1914 in Paris als Tochter des preußischen Adels geboren. Libertas ging in Berlin und Zürich zur Schule und lebte nach ihrem Abitur in Großbritannien, bis sie im Jahr 1933 als Pressereferentin bei der Filmgesellschaft Metro-Goldwyn Mayer in Berlin eingestellt wurde. Die damals 19-jährige nimmt nicht nur die Stelle bei der Filmgesellschaft an, sondern tritt auch in diesem Jahr in die NSDAP ein. In ihren Filmkritiken lässt sich eine deutliche Nähe zu nationalsozialistischer Ideologie feststellen. Kurz darauf lernt sie ihren späteren Ehemann, den Widerstandskämpfer Harro Schulze Boysen kennen, welchen sie im Jahr 1936 heiratete. In diesen Jahren hatte das junge Ehepaar Kontakt zu Künstler*innen und Intellektuellen, welche später Teil der Roten Kapelle wurden. Infolgedessen tratt sie 4 Jahre nach ihrem Eintritt wieder aus der NSDAP aus, mit der Begründung „als Ehefrau zeitlich und gesundheitlich nicht mehr in der Lage zu sein, allen Anforderungen der Parteiarbeit zu entsprechen“.

Das Haus des Ehepaars steht von nun an für alle offen, hier werden ausländische Zeitungen gelesen, KZ-Häftlinge unterstützt und eigene Informationszeitschriften verfasst. Neben ihrer Arbeit als Filmkritikerin sammelte sie im Reichspropagandaministerium Bildmaterial über deutsche Kriegsverbrechen, welche zum Teil für Flugblätter verwendet wurden. Nach dem Überfall auf die Sowjetunion vermittelte sie ein vertrauliches Treffen mit einem Mittelsmann des Nachrichtendienstes der Roten Armee in ihrer Wohnung. Dabei soll sie, laut ihrer Verurteilung, am Treffen teilgenommen und technische Einzelheiten zur Aufnahme des Sendebetriebs weitergegeben haben.
Durch die Entschlüsselung geheimer Funksprüche, in denen Namen und Adressen genannt wurden, wurden sie und ihr Mann 1942 verhaftet und zum Tode verurteilt. In der Gefängniszelle verfasste Libertas einige Gedichte, beispielweise das Gedicht „In Zelle 20“ in welchen sie schreibt:

„Sie nahmen den Namen mir an der Tür
Das Wünschen an der Schwelle.
Die Träume einzig blieben mir
in meiner kahlen Zelle.“

Am 22. Dezember 1942 wurde sie in Plötzensee hingerichtet.