Frieda Rosenthal

In der Fanninger Straße 53 wohnte einst Frieda Rosenthal. Heute erinnert hier dieser Stolperstein an die Widerstandskämpferin.
Geboren als Frieda Schrinner wuchs sie im Arbeiterviertel im Südosten Berlins auf, heute als Friedrichshain-Kreuzberg bekannt. Über ihre Kindheit ist wenig bekannt. Sie ging auf eine lokale Schule und machte eine Ausbildung zur Näherin. In dem Beruf arbeitete sie in einer Kleiderfabrik bis nach dem ersten Weltkrieg. Bis 1916 war sie mit dem Angestellten Richard Rosenthal verheiratet und hatte mit ihm ein Kind bekommen. 1919 gab sie den Beruf in der Kleiderfabrik auf um nach dem Krieg in der damals noch selbstständigen Stadt Lichtenberg als ungelernte Fürsorgerin zu arbeiten. Sie fand eine Anstellung im Amt für Sozialfürsorge in der damals noch selbständigen Gemeinde Lichtenberg. Zu der Zeit war dies eine ungewöhnliche Karriereentscheidung, da die Fürsorge als ein Mittelklassen-Beruf verstanden wurde, für den Frieda Rosenthals proletarische Herkunft ungeeignet war.
 
1919 trat sie außerdem in die USPD ein, für die sie auch ein Jahr später in die Lichtenberger Bezirksversammlung gewählt wurde. Da die USPD noch im selben Jahr zerfiel, war Frieda Rosenthal Teil der linken Mehrheit, die nun die KPD mitbegründete. Die politische Arbeit bestimmte jetzt ihren Alltag, dennoch hat sie nie vollständig aufgehört in der Fürsorge zu arbeiten. Es dauerte bis 1930, bis sie die Qualifizierung zur ausgebildeten Fachkraft nachholte. 1924 wurde sie zur Bezirksleitung der KPD für Berlin-Brandenburg gewählt. Dort war sie zunächst für Agitation und Propaganda zuständig, später für Frauenbildung und -Schulung. 1929 nahm sie das Amt als Stadträtin in Berlin-Mitte an.
Während ihrer Zeit in der Lichtenberger Bezirksversammlung nahm sie kein Blatt vor den Mund. 1927 merkte sie hier an, dass in vielen Schulen weiterhin Bilder hingen „aus der Zeit, in der Hindenburg noch Massenmörder war“. Dies führte dazu, dass sie aufgrund einer Strafanzeige des Reichspräsidenten Hindenburgs der Beleidigung angeklagt wurde.
Ihr Hauptaugenmerk lag darauf, die existentiellen Nöte zu lindern, die sich trotz Kriegsende weiterhin bei den Menschen bemerkbar machten. Als eine Vertreterin der praktischen kommunistischen Politik war Frieda Rosenthal jedoch selten auf Linie mit ihrer dogmatischen Partei. 1930 wurde sie aus der KPD ausgeschlossen. Dem zuvorgegangen war eine Säuberungswelle Stalins, die auch in der deutschen Schwesterpartei für Konflikte sorgte. Frieda Rosenthal gehörten zu den Unterzeichner*innen des „Briefes der 60“ der u. A. von Erich Raddatz organisiert wurde. Der Brief kritisierte die Richtung, die die sowjetische Parteiführung unter Stalin einschlug, sowie den stalinistischen Kurs der KPD-Führung um Ernst Thälmann. Zusammen mit anderen ebenfalls ausgeschlossenen Kommunist*innen gehörte sie einige Monate lang der sogenannten „Gruppe 60“ an, dann trat sie wieder der SPD und 1932 für kurze zeit der SAP (einer linken SPD-Abspaltung) bei.
 
Im Juni 1933 wurde sie als Fürsorgerin entlassen und ging nach kurzer Arbeitslosigkeit zurück zu ihrem Job als Näherin. In den folgenden Jahren war sie mit ehemaligen Mitgliedern der KPD im kommunalen Widerstand in Friedrichshain tätig— obwohl die Zusammenarbeit aufgrund der vergangenen politischen Differenzen stark belastet war. Unter dem Decknamen Käthe war Frieda Rosenthal für die Informationsbeschaffung der Ortsgruppe zuständig. Außerdem verteilten sie Flugblättern.
Bis zum Sommer 1936 waren viele lokale Widerstandsgruppen gründlich von den Geheimdiensten erfasst. Dazu zählte auch die Friedrichshainer KPD-Gruppe „UB Friedrichshain I“. Am 19. August 1936 verhaftet die Gestapo Frieda Rosenthal. Sie galt ihnen als die politische Leiterin der Gruppe. Ihr wurde „Vorbereitung zum Hochverrat“ vorgeworfen und wurde sofort in die Haftanstalt in Moabit gebracht. Die Gestapo ordnete an, sie „streng isoliert zu halten“, Kommunikation mit der Außenwelt war ihr untersagt. Wiederholt liest man in den Verhörprotokollen Formulierungen wie „Allerdings lehne ich ab, meine Mitarbeiter zu belasten“ und „Ich bitte, mir keine Bilder von irgendwelchen Festgenommenen zu zeigen und mich zu befragen, ob ich die Leute kenne„. Als sie nach über 8 Wochen andauernder Misshandlung dachte, sie hätte versehentlich eine Kontaktperson verraten, schrieb sie noch am selben Tag dem Untersuchungsrichter des Volksgerichtshofes:
 
„Herr Landgerichtsdirektor, ich glaube bestimmt, dass ich bei der heutigen Gegenüberstellung infolge mangelhaften Personengedächtnisses einen Menschen falsch belastet habe.“
 
In derselben Nacht erhing sich Frieda Rosenthal in ihrer Zelle.
 
Heute wird sie vielfältig in Erinnerung gehalten. In Karlshorst ist ihr eine Straße gewidmet. In der Rathausstraße in Berlin-Mitte befand sich eine Gedenktafel, die an jene Abgeordneten und Magistratsmitglieder erinnerte, die in den Jahren von 1933 bis 1945 unter dem Terror und der Verfolgung durch das NS-Regime zu leiden hatten, vertrieben bzw. ermordet wurden. Frieda Rosenthal wurde darauf namentlich erwähnt. Die Gedenktafel wurde 1991 demontiert und ist nach mündlicher Auskunft aus dem Senat nicht mehr auffindbar. Im Bereich „Gedenkstätte der Sozialisten“ auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde wird Frieda Rosenthal auf einer großen Gedenktafel namentlich mit zahlreichen anderen verdienten Antifaschist*innen geehrt. Die ehemalige Lichtenberger Bürgermeisterin Birgit Monteiro, die auch 2008 zur Verlegung dieses Stolpersteins angeregt hatte, stiftete 2009 den „Frieda-Rosenthal-Preis“, mit dem verdienstvolle vor allem im Sozialbereich tätige Lichtenberger Bürger*innen geehrt werden. Vorschläge können von allen Einwohner*innen eingereicht werden. Einige Bekannte Empfänger*innen dieses Preises sind beispielsweise Olaf Ruhl von der VVN-BdA und Dagmar Poetzsch, Gewerkschaftlerin und Stolpersteinbeauftragte im Bezirk Lichtenberg.