Erna Büttner

Wir stehen hier in der Rathausstraße 15, dem ehemaligen Wohnort von Erna Büttner, geb. Grzywotz.
Erna wurde 1911 in Neukölln geboren und sie war seit ihrer Jugend in der Arbeiterjugend, der SPD, der sozialistischen Arbeiterpartei und den Roten Kämpfern aktiv. 1937, im Alter von 26 Jahren, wurde sie wegen der Vorbereitung zum Hochverrat zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Sie gehörte zu den „Roten Kämpfern“ und war im Untergrund aktiv. Erna überlebte die Zeit des Nationalsozialismus und gehörte zu den wenigen Menschen aus dem Widerstand, die auch in der DDR noch hohe politische Ämter ausübten.

Über Erna ist nur wenig bekannt, jedoch lässt sich in einigen Quellen finden, dass sie insbesondere für die Kommunikation der Roten Kämpfer mit anderen Kommunistischen Gruppen zuständig war. Deswegen starten wir mit ein paar Infos zu ihrer Person und erzählen euch in einem zweiten Teil etwas über die Roten Kämpfer.

Erna wurde 1911 in Neukölln geboren, besuchte die höhere Handelsschule und arbeitet als Stenotypistin und Kontoristin bei Berliner Firmen. Im Jahr 1933, also im Alter von 22 Jahren schloss sie sich den Roten Kämpfern an, zu denen auch Alfred Engel, Karl Getrich und Emil Schotter gehörten. Sie leitete die Gruppe „Berlin Ost“ und organisierte Zusammenkünfte, verteilte illegale Materialien und sammelte Beiträge. Erna wurde im November 1936 festgenommen und kam in Untersuchungshaft. Im Juli 1937 wurde sie angeklagt und vom Kommunalgericht Berlin zu 2,5 Jahren Zuchthaus wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ verurteilt. Im Zuchthaus Lübeck und Jauer näherte sie sich Mitgliedern der KPD an, und wurde nach 1945 kurzzeitig Sekretärin bei der „Täglichen Rundschau“. Nach etwa vier Jahren bei der VVN (HA OdF) arbeitete sie in der Kulturredaktion und später in der Personalabteilung des „Neues Deutschland“. Büttner, die später bei der Akademie der Wissenschaften Kaderchefin wurde, gehörte zu den wenigen Personen der Roten Kämpfer die in der DDR dann in hohen politische Positionen gearbeitet haben. Die Rätekommunistin wird in späteren Quellen als Verfasserin zahlreicher Texte des Neuen Deutschlands erwähnt und hatte auch ein vertrautes Verhältnis zu dem ehemaligen Chefredakteur Termendorff des Neuen Deutschlands.

Im Folgenden werden wir euch von den Roten Kämpfern erzählen.
Wenige hundert Meter Luftlinie von hier, in der Eitelstraße 25 trafen sich die Roten Kämpfer bei Hugo Broecker.

“Unser Grundsatz lautete: Niemanden ins Vertrauen zu ziehen, den man nicht mindestens ein Jahr kennt.” Dies ist ein Zitat von Franz Peter Utzelmann (1895-1968), der als Roter Kämpfer für die Berliner Leitung zuständig war. Bereits 1929, also noch vor der Machtergreifung gründeten sich die Roten Kämpfer, die sich bereits da schon im Geheimen trafen. Aufgenommen wurde nur, wer zwei Bürg*innen hatte. Die Roten Kämpfer setzen auf ein hohes Maß an Vertrautheit und Geheimhaltung. Sie waren Anhänger*innen der direkten Aktion von unten und misstrauten jeder Form von Obrigkeit. Die roten Kämpfer grenzten sich stark von der KPD ab, und kritisierten, dass diese einst von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht geführte Partei den revolutionär-utopischen und radikal-humanistischen Geist ihrer Gründer*innen immer mehr verloren hatte. Der SPD und den Gewerkschaften warfen sie vor, längst „verbürgerlicht“ zu sein.
Die Roten Kämpfer positionierten sich als antikapitalistisch und antibolschewistisch, sie lehnten es ab, eine neue Partei zu gründen und gehörten somit vielmehr zu den Gruppen der Arbeiter*innenbewegung. Die Roten Kämpfer besaßen zunächst keine feste Organisationsform. Die Anhänger*innen sammelten sich vor 1933 größtenteils in der „Sozialwissenschaftlichen Vereinigung“, einem Schulungs- und Gesprächskreis.
Die Ideen und Ziele der Roten Kämpfer wurden besonders durch den unabhängigen Theoretiker Karl Korsch geprägt. Mit seinem Werk „Marxismus und Philosophie“ (1923) hatte er vor der geistigen Erstarrung des Marxismus gewarnt und stattdessen das am Widerspruch orientierte dialektische Denken als revolutionäre Methode vertreten.
Zwar stritten die Roten Kämpfer für ein einheitliches Vorgehen der Arbeiterparteien, beurteilten aber die Chancen, den Faschismus aufzuhalten, als gering. Im Allgemeinen wurde beabsichtigt, sich dem ideologischen Druck des Nationalsozialismus nicht zu beugen, sondern Kader für zukünftige Aufgaben zu schulen und zu bewahren.

In Berlin verfügten die Roten Kämpfer in den zusammengefassten Bezirken Neukölln und Kreuzberg sowie Friedrichshain und Lichtenberg über mehrere Gruppen junger Anhänger*innen. Die Roten Kämpfer konzentrierten sich auch in ihrer Werbung und ihren Ideen auf die „unverbrauchte“ sozialistische Jugend, gleichzeitig waren an der Spitze der Organisation auch erfahrene Politiker, die aus der rätekommunistischen Bewegung kamen. Diese Konstellation, erfahrene Arbeiterfunktionäre, die sich auf das Engagement einer Vielzahl junger Leute stützen konnten, fand bei anderen Widerstandsgruppen eine Parallele. Bei ihren geheimen Zusammenkünften analysierten sie die politische Situation. Es wurden auch Schriften erstellt und verbreitet. Alle zwei Monate publizierten sie „Der Rote Kämpfer“ den sie später in „der Arbeiterkommunist“ umbenannten. Diese Blätter hatten eine Auflage von 4000 Stück, von denen rund 1000 in Berlin vertrieben wurden. An dieser Stelle vermuten wir, dass hieran auch Erna beteiligt war.

Die Roten Kämpfer legten großen Wert auf die konspirative Tarnung. Verglichen mit anderen Gruppen des Arbeiter*innenwiderstandes haben sie sich lange unentdeckt halten können, nämlich bis November 1936. Es kann davon ausgegangen werden, dass zeitweise über 400 Personen zu den Roten Kämpfern gehörten, die sich insbesondere in Berlin, Sachsen und dem Ruhrgebiet vereinigten. Die Verhaftungswelle gegen sie setzte am 17. November 1936 ein. Von insgesamt 150 Festgenommenen kamen 39 aus Berlin. In Berichten lässt sich wiederfinden, dass die Roten Kämpfer während ihrer Prozesse schwer misshandelt und zu ihren Aussagen gezwungen wurden. Im Gegensatz zu Erna Büttner, überlebten nicht alle Roten Kämpfer die Verhaftungen, so wurde Arthur Goldenstein im Exil von der SS ermordet und auch Alexander Schwab überlebte das Zuchthaus nicht.